(Warnung, dieser Eintrag ist etwas länger, 20 min Zeit nehmen oder aufteilen!)
Und plötzlich ist es August. Und ich bin zuhause.
Der Artikel sollte ursprünglich mit "Und plötzlich ist es Juli" beginnen, denn ich hatte einen Großteil davon tatsächlich schon geschrieben, als ich noch in Paris war, aber dann kam zum Schluss wieder dies und jenes und noch viel mehr dazwischen und ich hab es nicht mehr geschafft, man kennt es ja. Nun gut, jetzt bin ich wieder in Deutschland, aber diesen Eintrag bin ich noch schuldig. Deswegen verändere ich den Anfang des Textes jetzt gar nicht mehr großartig, den ich vor einem Monat geschrieben habe, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Enden wird der Text dann im Hier und Jetzt, also Anfang August. Los geht's, viel Vergnügen bei der Lektüre.
Zu den Herbstmonaten habe ich ja Anfang des Jahres nachträglich noch ganz detaillierte Berichte geschrieben und dachte mir, jetzt wird es locker entspannter und ich kann bestimmt regelmäßig etwas in meinen Blog schreiben... aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt, das habe ich in diesem Jahr gelernt. Es tut mir leid für diejenigen, die diesen Blog bis dahin aufmerksam verfolgt haben und dann enttäuscht wurden, habe nun ja ein halbes Jahr hier nichts mehr von mir hören lassen - aber es gab soviel zu erleben, dass ich mich entscheiden und mir Prioritäten setzen musste, sodass ich den Blog hinten angestellt habe, bis mal etwas mehr Zeit übrig ist. Dieser Moment ließ nun eben etwas auf sich warten:
Ich bin jetzt in meinen letzten Arbeitswochen, das Jahr trudelt langsam aus, die Blicke sind eigentlich auch schon wieder weit nach vorne gerichtet; Urlaubsplanung, Vorbereitung des Studiums, Wohnungssuche... Und was esse ich eigentlich heute Abend?
Aber ein bisschen Zeit muss nun auch sein, mal auf dieses halbe bloglose Jahr zurückzublicken, Bilanz zu ziehen und vor allem meinen Fans zu erzählen, was ich eigentlich so getrieben habe. Ich kann halt nicht so ins Detail gehen, aber ich komme ja bald wieder zurück und erzähle sodann gerne jedermann und jederfrau alle Tage einzeln, wenn er oder sie das möchte! (Anmerkung aus dem Jetzt: Das ist JETZT!)
Es war gar nicht mal unbedingt nur die Arbeit, die mich wie noch zeitweise im Herbst so eingespannt hat. Klar gab es mal stressige, mal entspanntere Zeiten, aber ich war auch außerhalb in so vielen verschiedenen Richtungen unterwegs, sei es mit Chor und Orchester, auf Seminaren, auf Reisen, in Paris mit Freunden, mit Besuch, oder mit meiner Freundin (ja, dann wird das auch hier endlich mal offiziell gemacht, geht eigentlich schon seit November: Habe mich mit einer der Au Pairs doch etwas besser verstanden......).
Irgendwie war IMMER IRGENDWAS, wie sicher auch viele meiner Freunde hier bestätigen können, die ich gelegentlich versetzen musste. Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal einen Abend nur für mich alleine in meinem Zimmer hatte. Und wenn doch, dann brauchte ich ihn zum Organisieren meiner Zukunft.
Aber das Ganze ist anders betrachtet natürlich auch total schön. So viele Erlebnisse. Aber dazu gleich noch ein paar Gedanken...
Also, was war nun los, in diesem halben Jahr?
Ich fing eben nach einer kleinen Auszeit zum Jahreswechsel Anfang Januar wieder gemütlich zu arbeiten an, aber nur für eine Woche, denn dann kam ja das nächste Seminar von VISA, meiner französischen Organisation.
Dazu ging es in den Süden, direkt an die Mittelmeerküste, der berühmten und zauberhaften Côte d'Azur - in eine kleine Ortschaft nahe der Festivalstadt Cannes, ein bisschen höher gelegen, sodass man vom Seminarhaus einen fantastischen Blick auf das Meer und den weiteren Verlauf der Küste inklusive der Stadt hatte. Das Seminar in diesem tollen Ambiente und bei frühlingshaften Temperaturen (20° im Januar) verbringen zu dürfen, war ein Genuss!
Auch die ganzen Leute wiederzusehen, von denen ich in der Zwischenzeit nur ganz wenige mal als Besuch bei mir hatte (einen gewissen Burschen aus Österreich dafür ganz schön regelmäßig), war sehr schön.
Inhaltlich war es eine Art Fortsetzung des ersten Seminars, dazu kam dann noch ein bisschen Theaterspielen. Und natürlich eine erste Bilanz zur Halbzeit, Reflexion usw.
Was ich erwähnen muss: Auf dem Seminar wurde mir klar, dass ich wohl echt großes Glück habe mit meiner Einsatzstelle - bei weitem nicht allen Freiwilligen geht es so gut wie mir hier, was oft daran liegt, dass sie in kleinen Dörfern irgendwo im Nirgendwo arbeiten und viel weniger Anschlussmöglichkeiten, soziale Kontakte, Freizeitbeschäftigungen etc. haben wie ich. Das hat sich auch bei Besuchen von und bei anderen Freiwilligen in den letzten Monaten immer wieder gezeigt. Das ist das, was ich anfangs schonmal kurz angesprochen habe: Ich finde es schon auch sehr reizvoll, eine Zeit lang in relativer Abgeschiedenheit auf dem Land zu verbringen (bin ja auch auf dem Land aufgewachsen, was ich sehr genossen habe), aber ich würde es in diesem Jahr und in diesem Alter nicht gegen Paris eintauschen wollen, auch wenn die Möglichkeiten zum Ausruhen und zur Besinnung hier zugegebenermaßen natürlich nicht so reichlich vorhanden sind wie auf dem Land. Wie vorher erwähnt, hat mich dieser Erlebnisreichtum hier zeitlich schon beansprucht - aber man will doch immer nur jammern; es kommt, wie es kommt, und es lief gut, und ich bin mehr als zufrieden damit.
Von den üblichen Partyabenden auf dem Seminar (wenn auch weniger intensiv als noch beim ersten, abgesehen vom letzten Abend war die Stimmung irgendwie etwas müde) ging es in Paris eigentlich direkt weiter: Nach einem kurzen Arbeitswochenende, an dem mich noch mein alter französischer Schulaustauschpartner besucht hatte, kam mein Geburtstag. Da gab's von Montag auf Dienstag ein kleines Reinfeiern mit Lasagne und meinen Liebsten und am Morgen hatte es sogar geschneit, was eine kleine Seltenheit ist in Paris.
Die große Fete kam dann am Samstag drauf: Es ging irgendwie schon einen Tag vorher los, denn ein Freund aus München, der bis Weihnachten als Au Pair hier war, kam zu Besuch. Dem hatte ich eines der besten Geschenke zu verdanken: Weißwürste! Dazu natürlich süßen Senf und ein leckeres bayerisches Weißbier, was es selbstverständlich alles am Samstag zum Frühstück gab. Dann Aufbauen im großen Saal, Einkäufe, auf deren Lieferung wir dann leider etwas warten mussten, aber dennoch gute Laune den ganzen Tag. Abends kamen dann an die 20 Leute und es wurde eine echt coole Party... Der Gemeindesaal taugt schon ganz gut als Partylocation!
Die nächsten Wochen wurden dann an sich ein bisschen ruhiger, aber trotzdem immer wieder durchzogen von kleinen Highlights: Zum Beispiel hat mir mein Mitbewohner Stefan zum Geburtstag Karten für's Moulin Rouge geschenkt, das war mir alles etwas zu bunt, aber schon ein einmaliges Erlebnis! Und guter Schampus.
In der Arbeit war zu der Zeit recht wenig los, es gab sogar einige normale Wochenenden ohne besondere Veranstaltungen!! Die Aufteilung der Wochenenddienste mit Niels klappte außerdem super, und so hatte ich reichlich Gelegenheit, von Paris zu profitieren und endlich auch mal selber ein bisschen wegzufahren, und nicht immer nur besucht zu werden. (Unverändert bekam ich aber alle paar Wochen Besuch von irgendwelchen Freiwilligen, die alle nach Paris wollen - das war aber echt cool, so wurde der Ort hier zu einem richtigen Treffpunkt und man lernte alle möglichen Menschen (neu oder besser) kennen, auch international!)
Ich war im Februar für ein paar Tage bei einer anderen deutschen Freiwilligen in der Nähe von Lyon. In Lyon, auch eine sehr schöne Stadt, waren wir nur einen Tag; ich habe hauptsächlich die kleine Auszeit auf dem Land genossen, und vor allem den Kuhduft! Spannend war es auch, ein bisschen bei ihrer Arbeit in einem Altenheim dabei zu sein, das ist etwas ganz anderes als der Küsterjob in Paris. Und ihr hat es hoffentlich auch ganz gut getan, denn dort ist es eben ziemlich so, wie ich vorher beschrieben habe: Irgendwo in der Pampa, ruhig und landschaftlich schön, aber eben mit sehr wenigen Freizeit- und Anschlussmöglichkeiten und quasi ohne gleichaltrige soziale Kontakte. Dafür durfte sie natürlich ein paar Wochen später auch nach Paris kommen in die Party-WG, versteht sich ja von selbst.
Dann ging es Richtung Ostern, und die Arbeit wurde wieder mehr, nicht zuletzt, weil sich der Pfarrer einige ganz besondere Attraktionen und Aktionen ausgedacht hatte... von Angstknoten und Papiertränen über Fesselspiele und einen eigenen Holzaltar, den ich dann eigenhändig zusammengezimmert habe - war auch mal wieder ganz nett, etwas handwerkliche Arbeit - bis hin zur traditionellen Eiersuche für die Kinder im Garten der benachbarten großen Trinitékirche, für die wir mit den Au Pairs 70 kleine Osternester gebastelt haben. Und im Familiengottesdienst Klavier spielen durfte ich auch noch... lief aber alles super und voll zufriedenstellend! Die Besorgung der Zutaten für die Aktionen war teilweise ein bisschen kompliziert, langweilig und nervenaufreibend, aber was tut man nicht alles!
Davor, Ende März, war außerdem noch die alljährliche große Gemeindeversammlung, bei der ich eigentlich über Wochen voll eingespannt war: Eintüten und Verschicken von Einladungen mit allem möglichen Zubehör, Vorbereiten von Listen, Stimmzetteln usw. und dann bei der Durchführung z.B. technische Aufbauten in kurzen 10 Minuten zwischen Gottesdienst und Versammlung. Und natürlich helfen bei der Vor- und Zubereitung des anschließenden Gemeindeessens plus Aufräumen. Mal wieder ein fetter Tag! Die Stimmung war leider eine nicht ganz so tolle, denn der Gemeinde geht es wie vielen anderen finanziell gar nicht gut. So musste auf der Versammlung einiges über Erhöhung von Beiträgen und Einsparungen in allen möglichen Bereichen diskutiert werden. Mal sehen, wie es hier die nächsten Jahre weitergeht...
Und auch sonst war einiges los:
Um an einem 10km-Lauf teilzunehmen, der von der Verwaltung meines Stadtbezirks in demselben organisiert wurde, musste ich zum ersten und bis jetzt nach wie vor einzigen Mal in Paris zu einem Arzt - und das auch nur, um mir ein Attest zu holen, dass ich fit genug bin und laufen kann.
Der Lauf selber war ein tolles Ereignis, mit Hunderten anderer Menschen zusammen an der Pariser Oper vorbei, halb nach Montmartre rauf und durch "mein" Viertel, durch "meine" Straßen zu laufen, machte total Spaß. Ich war am Ende ziemlich kaputt, mit der Zeit von 48 Minuten aber absolut zufrieden.
Laufen in Paris, auf alle Fälle ein wichtiger Bestandteil meiner Freizeitgestaltung während dieses Jahres.
Das größte Ereignis war aber ein anderes:
Mitte März ging es zum ersten und einzigen Mal in diesem Jahr nach Hause! Nachdem ich Weihnachten hier in Paris verbracht hatte, war der 50. Geburtstag meines Vaters dann der Anlass, um für ein paar Tage ins schöne Ortenburg zurückzukehren. Und die neue Freundin brachte ich gleich mit.
Es war total schön, nach knapp 7 Monaten meine Familie wiederzusehen, aber irgendwie auch total komisch und verwirrend, nicht zuletzt weil ich meinen kleinen bzw. eben nicht mehr so kleinen Bruder kaum wiedererkannte. Und auch in meinem Zimmer zu sein hat mich emotional irgendwie ziemlich verwirrt. Aber nach einem Abend hatte ich mich wieder gefangen und genoss einfach nur die Zeit mit meiner Familie und meiner Freundin, in Ortenburg und in Passau, und auch für ein paar Freunde war Zeit! Am Sonntag dann war der Geburtstag, mit Mittagessen und gemütlichem Nachmittagsprogramm im kleinen Kreis: Die engere Verwandtschaft und ein paar Freunde waren eingeladen; die wiederzusehen tat auch sehr gut.
Ich würde tatsächlich sagen, auch wenn ich so unglaublich viel erlebe hier in Paris, diese paar Tage zuhause waren wohl mit die aufregendsten und schönsten in diesem Jahr. Auch, weil ich hier, zum ersten Mal in meinem Leben nicht mehr bei meiner Familie wohnend, diese einfach noch viel mehr zu schätzen gelernt habe.
So konnte ich es auch kaum erwarten, bis die vier nach Ostern zum Gegenbesuch nach Paris kamen und ich ihnen meine einjährige Arbeitsstelle und Heimatstadt zeigen konnte. Gut, meine Eltern waren davor schonmal hier, aber wir haben wirklich ein paar sehr schöne Tage in dieser sehr schönen Stadt verbracht. Und ich war ganz stolz, mit ein paar neu erworbenen, weil zu Hause nie ausprobierten Koch- und anderen Künsten beeindrucken zu können!
Schöne Tage in Paris verbracht hatte ich eine Woche zuvor auch schon mit meinem besten Freund aus Schulzeiten und dessen Freundin, die mich nach längerem Hin und Her doch noch besuchen kamen. Also eine Reihe schöner Wiedersehen und auch wieder ein bisschen Auszeit von der Arbeit für mich und Zeit für Tourismus! Wobei ich ja eher schon zum Stadtführer geworden bin, *eingebildetes Räuspern*.
Ein einschneidendes Erlebnis war leider der Auszug unseres geschätzten Stefans, der knapp 9 Jahre hier in der WG gewohnt hat. Aber nichts hält ewig, und so zog er nun mit seinem Freund zusammen an den Stadtrand, nahe seiner Arbeit. Das war durchaus ein größerer Act, der sich über ein paar Wochen hinzog - wir haben ihm geholfen, soweit es ging, und irgendwann war dann auch alles geschafft und es gab eine lustige Einweihungsparty. Für uns, sowohl in der Wohnung als auch im Gemeindegebäude insgesamt, war das natürlich eine Umstellung, da sich Stefan bei beiden immer um sehr viel gekümmert hat. Aber an Herausforderungen wächst man ja bekanntlich.
In diesem Sinne kamen dann wieder ein paar vollere Arbeitswochen mit dem erstmaligen Versand des Gemeindebriefs per Email - ökologischer, ökonomischer und entlastet den Küster!!! -, Vorbereitungen für Pfingsten und Konfirmation und vielen weiteren spannenderen und weniger spannenden Aufgaben, unterbrochen von einem kurzen Wochenendtrip in die wunderschöne Stadt Bordeaux nahe der frz. Westküste, zusammen mit meiner Freundin, sowie dem zweiten Probenwochenende mit meinem Chor. Auch dieses Mal war es wieder einfach nur schön, mit netten Leuten an einem schönen Ort zwei Tage lang an toller Musik (Requiem von Dvorak) und der eigenen Stimme zu arbeiten.
Und das Aus und Ein in der Wohnung ging weiter: Für Stefan kam Lena, Studentin, und Niels hatte im April dann auch seinen Master fertig und verließ uns, dafür kam Matthias, Österreicher und Musiker. Viel Durcheinander, aber wir gaben uns Mühe und haben das dann auch ganz gut auf die Reihe bekommen, für die letzten Monate.
Ende Mai genehmigte ich mir schließlich eine etwas größere Auszeit: Das letzte Seminar meiner Organisation VISA im Elsass wurde umrahmt von einem insgesamt eineinhalbwöchigen Trip in diese wunderschöne Region im Osten des Landes, von der ich jetzt ein bisschen ausführlicher erzähle, weil's einfach hammer war.
Weil es sich eben so schön anbietet, ging es wie schon vor dem ersten Seminar im September zunächst zu meiner alten Gastfamilie ins kleine Gimbrett etwas außerhalb von Straßburg. Wie immer habe ich mich total wohl gefühlt - ein gemütlicher Abend mit leckerem Essen und Wein, guten Gesprächen und anschließendem Verdauungsspaziergang. Tags drauf stieg ich zum ersten Mal seit Beginn dieses Jahres in Frankreich wieder auf ein Fahrrad - in Paris gibt es zwar ein sehr gut ausgebautes Leihfahrradnetz, aber bisher habe ich davon irgendwie noch nie Gebrauch gemacht - und machte mich auf zu einer kleinen Tour durch die umliegenden Dörfer, darunter auch das Heimatdorf der Gemeindesekretärin, das ganz in der Nähe von dem meiner Gastfamilie liegt, wie ich erst ein paar Tage vorher erfahren hatte.
Wieder zurück, duschte ich schnell und nahm dann nachmittags einen Bus nach Straßburg, wo ich mich mit ein paar anderen Freiwilligen verabredet hatte (die Organisation hat ja sehr viele Stellen in und um Straßburg), zunächst mit ein paar der lustigen Ungarn. Da machten wir es uns mit Flammkuchen und Bier an dem kleinen Fluss Ill gemütlich, bevor wir uns dann in einer Bar mit weiteren Freiwilligen, hauptsächlich Franzosen, trafen.
Nach einer etwas unbequemen Nacht zu fünft in einem 1,40m-Bett (muss man mal erlebt haben...) nahm ich am nächsten Tag einen Zug nach Colmar, wo mich schließlich mein Lieblingsösterreicher, mein guter Freund Vinzenz empfing.
Und mei, was haben wir dann zusammen nicht alles für Sachen erlebt! Der Gute hatte sich für die paar Tage bis zum Seminar ein Programm überlegt, das wirklich alles zu bieten hatte, was man im Elsass so machen kann. Nach einer kleinen Tour durch das nette Colmar ging es mit dem Auto zu einer formidablen Weindegustation bei einem ihm bekannten Winzer und danach zu einem wunderschönen Plätzchen in die Weinberge zum Picknicken und Zelten, wo wir noch drei nettte junge Winzer*innen in Ausbildung kennengelernt und uns sehr nett unterhalten (und die ein oder andere Flasche herrlichen Elsässer Wein geleert) haben.
Sehr früh aufgewacht, waren wir hin und weg vom Sonnenaufgang über den Hügeln, fuhren zu Vinzenz nach Hause und gingen erstmal wieder schlafen.
Dieser Tag war etwas ruhiger, wie das in einem guten Urlaub auch mal sein muss, gekrönt von einem abendlichen Schnitzelmarathon. Am nächsten Tag gingen wir wandern, denn Vinzenz' Zuhause/Einsatzstelle liegt schon ziemlich in den Vogesen, einem französischen Mittelgebirge. Auch das war einfach nur herrlich, genau so hatte ich mir das gewünscht - raus aus Paris, rein in die Natur und einfach ein bisschen Leben genießen. Und verstanden haben wir uns auch super! Den Abend verbrachten wir bei einer befreundeten französischen Freiwilligen in der Nähe und tags darauf ging's dann zum Seminar - mit einem kleinen Abstecher zu einem Käsemuseum in Münster.
Auf dem Seminar ging's gleich schön weiter - auch wenn man sich nicht oft gesehen hat, ich habe hier einige echt nette Leute kennengelernt, und so genossen wir dann einfach nochmal das Zusammensein für ein paar Tage in den Hochvogesen.
Inhaltlich war nicht mehr mega viel los. Der Höhepunkt war jedoch heftig: Eine kleine Wanderung im umliegenden Gelände, das eine ziemlich blutige Vergangenheit hat, denn im ersten Weltkrieg lag hier längere Zeit eine Frontlinie zwischen Deutschland und Frankreich. Es war bedrückend, zwischen immer noch von Bomben durchlöcherten Wiesen und durch von noch sehr gut erhaltenen Schützengräben durchzogene Wälder zu wandern - aber gleichzeitig, so stellten wir fest, eine unglaublich tolle Sache, dies in internationalen Gruppen zu tun, die bunter kaum sein könnten: Wir waren Franzosen, Deutsche, ein Österreicher, Ungarn, Spanier, Russen und viele mehr, die zusammen, als Freunde, fröhlich spazierten, wo sich vor 100 Jahren unsere Landsleute gegenseitig niedermetzeln mussten. Krieg erscheint uns heute als eine so absurde und unnormale Sache, dass wir uns unseres Glück, in einer solch friedlichen Zeit zu leben, meist gar nicht bewusst sind. Aber genau das muss man sich immer wieder vor Augen führen, um zu verhindern, dass es jemals wieder zu solchen Grausamkeiten kommt. Die ist meiner Meinung nach eine der allerhöchsten Prioritäten, für die uns heute wir als junge Europäer mit aller Kraft einsetzen müssen. Zu dieser Sensibilisierung hat das Seminar somit nochmal einen ordentlichen Beitrag geleistet - und es machte uns, neben dem sozialen Engagement, einen weiteren Sinn dieses Jahres bewusst: Den internationalen Austausch und die Verständigung. Wir ließen uns das natürlich nicht zweimal sagen und tauschten uns jeden Abend bis tief in die Nacht hinaus aus, was bei einem Bierchen oder Weinchen ja bekanntlich nochmal leichter fällt... :-)
Der Abschied fiel vielen dementsprechend schwer: Einige beendeten bereits direkt oder kurz nach dem Seminar ihren Dienst und kehrten zurück in ihre jeweilige Heimat, für die anderen daurte es zum Teil noch ein bisschen, aber in fast jedem Fall war es erstmal ein Abschied auf unbestimmte Zeit - aber, auch wenn man sich jetzt nicht regelmäßig schreibt, die Kontakte oder sogar Freundschaften sind da, eine tolle Basis für eine international vernetzte Zukunft. Ich habe fest vor, den oder die ein oder andere(n) mal wiederzusehen, wo auch immer auf der Welt!
Das dritte und letzte VISA-Seminar war dann vorbei, mein Trip aber noch nicht ganz: Nach Busfahrt nach Colmar und Zugfahrt nach Straßburg schaute ich noch ein letztes Mal für dieses Jahr bei meiner Gastfamilie vorbei, denn nun war auch endlich für ein paar Tage mein Austauschpartner zuhause, den ich die beiden anderen Male ja jeweils verpasst hatte (dafür war er mich aber ja im Januar besuchen). Nochmal eine nette kleine Wanderung, nochmal ein gutes Essen, nochmal ein guter Wein, nochmal ein schöner Abend mit netten Gesprächen und einem gemeinsamen Film, auch wenn ich seeeeeeeeeehr müde war, und am nächsten Tag ging es zurück nach Paris, nach einer äußerst abwechslungs- und erlebnisreichen, einer anstrengenden, aber einfach nur schönen Zeit im Elsass. Was ich vielleicht vorher nicht so viel auf Reisen war, das machte dieser Trip auf jeden Fall zu einem großen Teil gut. Nicht so viel auf Reisen - im Vergleich zu einigen anderen Freiwilligen, muss ich dazusagen, denn wenig unterwegs war ich nun sicherlich auch nicht. Es war eher so, dass ich vor Weihnachten, also grob in der ersten Hälfte des Jahres, nicht viel aus Paris rauskam, hauptsächlich aufgrund der Arbeit, ab dem Jahreswechsel aber immer mehr! Und gegen Ende wurde es immer mehr ein buntes Hin und Her durch die (deutsch-französische) Weltgeschichte, dazu gleich mehr...
Frisch erholt durch die kleine Auszeit und mit neuen Kräften startete ich dann in die letzten knapp zwei Monate in der Gemeinde. Nach dem Urlaub stand Anfang Mai unmittelbar das Pfingstfest mit Konfirmation an, für das noch einiges vorzubereiten war - nochmal eine volle Woche, nachdem es davor ja eher entspannter gelaufen war. Das Fest selber war dann auch sehr schön, ich durfte mit einer kurzen Einlage am Klavier partizipieren: "Laudato Si" mit den Konfis, das hatten wir davor ein par Mal bei den Treffen gesungen, ich bin dazu ein bisschen abgegangen, und die Kinners hatten so viel Spaß daran, dass sie es auch bei der Konfi in der Kirche machen wollten. War lustig und den Leuten hat's auch gefallen! Danach hat der Küster Sekt ausgeschenkt und getrunken und schön war's.
Aber so wirklich stressig wurde es abgesehen von dieser einen Woche dann eigentlich nicht mehr. Der Arbeitsalltag wurde versüßt durch abendliche Veranstaltungen wie etwaige Geburtstage, Picknicks und andere Partys, sowie Mitte Juni der dreitägigen Abschlussfahrt mit den Au Pairs, die sich das ganze Jahr über immer wieder fleißig beim Waffelbacken und bei größeren Veranstaltungen in der Gemeinde engagiert hatten, nach Cannes. War ein netter kurzer Trip ans Mittelmeer, mit viel Baden, Picknick, einer Inseltour und guter Stimmung in der Gruppe - nochmal eine schöne gemeinsame Aktion, da für viele die Zeit in Paris da schon so gut wie zu Ende war, oder sogar schon ganz vorbei.
Für mich standen aber noch ein paar Höhepunkte an, und zwar musikalischer Natur:
Ein Besuch in der wahnsinnig beeindruckenden Opéra Garnier, die ja auch gleich hier um die Ecke liegt, in Mozarts "Don Giovanni", für sagenhafte 10 €, weil Vorpremiere für Jugendliche. Ein absolutes Highlight.
Aber ich durfte auch selbst auftreten:
Als erstes beim Requiem von Fauré mit dem Orchester des Konservatoriums (also der Musikschule) der inneren Pariser Stadtbezirke in der großen und tollen Kirche St. Eustache. Das war nach miserabler Probenbeteiligung und einiges an Chaos zwar immerhin doch viel besser als befürchtet, aber keine wirklich große Freude und den teuren Jahresbeitrag sicherlich nicht wert.
Ganz anders, wirklich völlig anders, lief es mit meinem Uni-Chor, mit dem ich schon von Anfang an so viel Spaß hatte.
Wenn auch die Generalprobe noch nicht so begeisternd lief (aber so muss das ja sein), waren die zwei Aufführungen von Dvoraks Requiem in der wunderschönen Kirche St. Etienne-du-Mont direkt neben dem Pantheon ein voller Erfolg. Tagsüber kam man mächtig ins Schwitzen, denn in dieser Woche kam die erste der beiden heftigen Hitzewellen dieses Sommers über Paris, ganz Frankreich, ja eigentlich ganz Europa gerollt. Dafür gab es abends schöne Musik in einer doch noch verhältnismäßig angenehm kühlen Kirche. Wir hatten Spaß, den Leuten hat’s gefallen und nach der Dernière gab’s noch einen netten Umtrunk.
Eine kleine Zugabe meinerseits gab es dann noch am Sonntag (30. Juni): Ein lange geplantes, immer wieder verschobenes Großprojekt unseres Kirchenchores zusammen mit zwei anderen Chören aus der Umgebung von Paris kam endlich zu seinem Abschluss – Schütz‘ Matthäuspassion, Ende Juni, der Zeitpunkt bleibt etwas fragwürdig… Aber gut, jedenfalls sollte ich mitsingen, und eventuell auch den Jesus-Solopart übernehmen. Aus dem eventuell wurde ein „ja klar“ und so kam ich zu meinem ersten kleinen Basssolo, auf das ich auch ganz stolz bin. Ein bisschen Coaching hatte ich davor von Matthias, unserem neuen Mitbewohner und studiertem Sänger, bekommen.
Arbeitstechnisch war nicht mehr viel los, ich bekam noch einmal für ein paar Tage Besuch von einer guten Freundin von zuhause und genoss die Zeit in Paris, bevor auch ich vor dem letzten Frankreichabschnitt nochmal einen mehrtägigen Abstecher nach Deutschland machte, wenn auch in eine für mich etwas neue Region, nämlich zu meiner Freundin (die schon ein paar Tage vorher hingefahren war) in die Nähe von Wolfsburg: Familie besser kennenlernen, Umgebung ankucken, und dann, der eigentliche Grund für die kleine Reise, zur Hochzeit ihres Onkels, etwas weiter östlich in der Nähe von Magdeburg. Sehr nette Familie, sehr nette Feier, es gab Weißbier, also alles in allem ein gelungener Kurztrip.
Dann ging eigentlich alles ganz schnell: Die letzte Woche gemeinsam mit der Sekretärin, der letzte Sonntagsdienst, am selben Tag die Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag: Die Militärparade habe ich vom Bürocomputer aus verfolgt, Konzert und Feuerwerk am Eiffelturm konnten wir dann aber hautnah erleben. Die letzten drei Arbeitstage verbrachte ich alleine im Büro; unglaublich viel war nicht mehr zu tun, durfte hauptsächlich ein bisschen ausmisten, aufräumen und noch ein paar etwas stupide Arbeiten für die Pfarrer erledigen… und dann war es vorbei, der 17. Juli war mein letzter Arbeitstag. Fiel mir durchaus erstmal schwer zu glauben.
Aber das Jahr in Frankreich war noch nicht ganz vorbei – für die letzten zwei Wochen konnte ich mich noch einmal voll auf Entspannen, Reisen und Party machen konzentrieren. Zunächst für ein paar Tage mit meiner Freundin nach La Rochelle an den Atlantik, eine sehr sympathische Kleinstadt mit tollem Flair, beeindruckendem Aquarium und leckerem Füsch.
Dann nochmal nach Paris, wobei uns leider genau da die zweite, noch heftigere Hitzewelle daran hinderte, größere Unternehmungen zu starten: Auf dem Höhepunkt 42°C im Schatten. Man konnte nicht rausgehen, das erschlug einen richtig. Wenn denn mal ein Wind ging, dann fühlte er sich an, als würde einem jemand mit einem Föhn ins Gesicht blasen. Die Tage sahen also so aus, dass wir sehr früh aufstanden, um wenigstens noch ein bisschen was zu machen, dann wieder zurück in die Wohnung und abends wieder raus. Die Wohnung versuchten wir, wenigstens einigermaßen erträglich zu halten, was aber irgendwann fast unmöglich wird, wenn es auch nachts nicht unter 30° abkühlt. Schlafen war da auch nicht einfach… Aber nach ein paar Tagen war es auch wieder vorbei, sodass wir die letzten eineinhalb Tage nochmal für die letzten Spaziergänge, ein Abschiedsessen mit den Pfarrern, ein letztes Seine-Picknick und natürlich noch Souvenirkäufe nutzen konnten.
Für meine Freundin ging es dann nach Hause, ich fuhr aber nochmal weg: Ein paar Tage Wandern in der Auvergne, eine wunderschöne Region in Zentralfrankreich, geprägt von noch recht jungem Vulkanismus. Das tat richtig gut, nach all dem Trubel in Paris noch einmal für ein paar Tage allein zu sein, draußen in der Natur, ein bisschen Ruhe haben, ein bisschen nachdenken, was dieses Jahr denn nicht alles so los war… Geschlafen habe ich bei Privatpersonen, die Zimmer vermieteten, oder in Gaststätten. Habe nette Leute getroffen und nochmal richtig viel tolle Eindrücke mitgenommen. Auch wenn ich abends immer echt kaputt war, die Tage habe ich mehr als genossen – man hat nicht oft die Gelegenheit, in einem alten Vulkankrater Mittagspause zu machen!
Da mich am letzten Tag netterweise der Direktor meiner letzten Unterkunft im Auto mit nach Clermont-Ferrand, die nächste große Stadt, genommen hatte (so viel zu „nette Leute getroffen“), konnte ich auch schon einen halben Tag früher als geplant mit dem Bus zurück nach Paris fahren, sodass mir dort schließlich noch mehr als ein ganzer Tag blieb, bevor es zurück in die Heimat ging!
Diesen Tag habe ich mit Mitbewohner Moritz, zwei ehemaligen Au Pairs, die für ein paar Tage zu Besuch waren, und dem ehemaligen Mitbewohner Stefan und seinem Freund nochmal richtig genossen, vor allem den Abend bzw. die Nacht :) War sehr lustig, vielleicht der coolste Abend in Paris, auf jeden Fall ein toller Abschluss für ein tolles Jahr!!!
Die Heimfahrt selbst war leider mit einigen Strapazen verbunden und nicht ganz unbeschwerlich; man erinnert sich vielleicht an meinen Bericht von der Hinfahrt, nur dass ich dieses Mal noch ein paar Kleidungsstücke und Bücher mehr sowie drei Flaschen Wein und eine 1,50m Weltkarte dabeihatte und sich schon beim Verlassen der Kirche ein Rad meines Rollkoffers mehr oder weniger selbst zerschredderte. Habe netterweise im Zug eine junge Französin getroffen, die quasi das gleiche Problem hatte wie ich, Umzug nach München mit viel zu viel Gepäck. Zu zweit haben wir es aber hingekriegt und so war’s dann doch ganz lustig, konnte auch nochmal bisschen französisch labern.
10 Stunden, eine Leberkassemmel und eine Flasche Bier in München später war ich schließlich einfach nur noch froh, als ich kurz vor Mitternacht zuhause ankam – meine Familie hatte mich vom Bahnhof geholt, wir saßen noch ein bisschen gemütlich zusammen und dann fiel ich tooot in mein Bett.
Das ist nun auch schon eine Woche her - in dieser Woche ist aber wieder soviel passiert, dass mir eigentlich gar keine Zeit blieb, groß zur Ruhe zu kommen: Familie, Volksfest im Dorf, Freunde….. viele schöne Wiedersehen, es tut gut, wieder zuhause zu sein. Morgen geht es mit meiner Familie für zwei Wochen in den Urlaub an die Ostsee, wo ich vielleicht ein bisschen mehr entspannen und vernünftig mit meinem Auslandsjahr abschließen kann – und nach Kiel fahren, um mir Wohnungen anzusehen.
Das habe ich nämlich noch gar nicht erwähnt, wo mich das Thema doch eigentlich seit Monaten begleitet: Ich werde im September nach Kiel umziehen (dann aber nicht mehr mit dem Zug, zumindest nicht ausschließlich), um dort "Physik des Erdsystems - Meteorologie, Ozeanographie, Geophysik" zu studieren! Das Thema fiel ein bisschen vom Himmel, habe davor hauptsächlich mit Mathe und Musik überlegt, aber wenn man in einer Kirche wohnt, dann passiert das halt einfach mal, dass von da oben was runterkommt…
Ich hatte irgendwann einfach keinen Bock mehr, mir den Kopf zu zerbrechen, was ich denn nun treiben soll nach diesem Jahr, aber dieser Studiengang gefällt mir so gut, ich hab richtig Bock und bin hochmotiviert. Ich brauche nur noch eine Wohnung, das treibt mich im Moment noch ein bisschen um, aber auch da wird sich was finden! So gesehen ist die Selbstfindung auch erst einmal abgeschlossen, ich bin gespannt auf das Studium und die neue Stadt und werde sehen, wohin mich das führt.
Das soll’s nun für's Erste gewesen sein, für Fotos habe ich jetzt keine Kraft mehr, da versuche ich, in den nächsten Wochen eine kleine Galerie mit Eindrücken aus der zweiten Hälfte Paris hochzuladen, vielleicht auch noch mit ein paar einschätzenden, zurück- und nach vorne blickenden Gedanken, mal sehen. Vielleicht habe ich da schon eine Wohnung, wäre zu hoffen!
Bis dahin, danke für die Aufmerksamkeit!
[Anmerkung aus der Zukunft: Um mir und meiner Zuverlässigkeit treu zu bleiben, hat das erst nicht ganz geklappt und irgendwann hab ich dann auch offiziell beschlossen, nix weiteres mehr hochzuladen. Wer Fotos sehen will, soll mich einfach fragen, ich hab Unmengen davon. Durchsortiert hab ich sie bis heute (April 2021, 13. Monat Corona) nicht! Kommt aber noch... :D]
Ein Foto gibt's, meine Familie ist schon süß:
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